Der Bußgeldkatalog sieht über 250 Tatbestandsnummern vor. Oftmals existieren zu jeder Nr. noch zahlreiche Unterpunkte. Eine anwaltliche Vertretung und Verteidigung ist sinnvoll.
Zum Beispiel kann es auch um Handys, Abstandsmessungen, also den Sicherheitsabstand, Rettungsgassen, Alkohol, Cannabis, Drogen gehen.
Handy auf Oberschenkel
Das Bayerische Oberste Landesgericht entschied mit Beschluss vom 10.1.2022 über das Ablegen eines Mobiltelefons auf dem Oberschenkel.
In Bußgeldangelegenheiten gilt grundsätzlich derselbe Ansatz wie im Strafrecht. Es darf nur sanktioniert werden, was ausdrücklich verboten ist. Hier ging es darum, ob von einem „Halten“ des Geräts gesprochen werden kann.
Normalerweise dürfte man sich unter Halten ein Festhalten mit der Hand vorstellen. Hieran fehlt es jedoch gerade.
Dennoch wurde vom Gericht ein „Halten“ bejaht.
Die Begründung klingt schon ungewöhnlich. Ein Halten läge auch vor, wenn das Handy mithilfe der menschlichen Muskulatur in seiner Position bleibe. Das Gerät könne bei mit der Fahrt verbundenen Änderungen der Geschwindigkeit und der Richtung nicht allein durch die Schwerkraft auf dem Schenkel verbleiben. Es bedürfe bewusster Kraftanstrengungen, um die Auflagefläche so auszubalancieren, dass das Mobiltelefon nicht vom Bein herunterfalle.
Der Begriff des Haltens wurde also hier sehr weit ausgedehnt. Ein durch menschliche Kraftanstrengung bewirktes Ausbalancieren unterfalle dem Begriff des Haltens, so das Gericht.
Aus Gründen der Verkehrssicherheit ist dies sicherlich nachvollziehbar. Allerdings kann hier durchaus hinterfragt werden, ob der Begriff des Haltens über den eigentlichen Wortlautsinn hinaus ausgedehnt wird. Daher kann die Entscheidung durchaus kritisch gewertet werden.
Aus anwaltlicher Sicht bleiben weiterhin Verteidigungsansätze.
Zum einen müssen nicht alle Gerichte dieselbe Auffassung vertreten wie in dem oben zitierten Beschluss.
Zum anderen geht es zunächst um die Ermittlung des Sachverhalts. Zeugen können sich geirrt haben. Die Sicht ist nicht immer optimal gegeben. Ein weiterer Ansatzpunkt besteht in der Frage des Benutzens. Die Bußgeldvorschrift setzt ein Benutzen voraus. Ein bloßes Liegen auf dem Oberschenkel ohne nachgewiesenes Benutzen dürfte den Tatbestand nicht erfüllen.
Rechtsanwalt Jan Buchholz, Oktober 2023
Handyverstoß – Eingeklemmt zwischen Schulter und Ohr
Seit 2017 gilt eine neue gesetzliche Regelung. Diese ist umfassender formuliert und bezieht sich auf alle elektronischen Geräte, die der Kommunikation, Information oder Organisation dienen. Zudem ist nicht nur das Benutzen verboten, wenn das Gerät aufgenommen oder gehalten wird. Auch feste Geräte dürfen nicht bedient werden, wenn mehr als nur eine kurze der Situation angepasste Blickzuwendung zum Gerät und damit Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen verbunden ist.
Natürlich gibt es auch zu der neuen Regelung bereits viele interessante Urteile zu Grenzfällen.
Besonders interessant ist eine Situationen, die im Alltag häufiger anzutreffen ist:
Das Einklemmen des Handys zwischen Ohr und Schulter.
In Bußgeldangelegenheiten gilt grundsätzlich derselbe Ansatz wie im Strafrecht. Es darf nur sanktioniert werden, was ausdrücklich verboten ist. In beiden vorgenannten Fällen geht es darum, ob von einem „Halten“ gesprochen werden kann.
Normalerweise dürfte man sich unter Halten ein Festhalten mit der Hand vorstellen. Hieran fehlt es in den beiden Konstellationen jedoch gerade.
Das Oberlandesgericht Köln entschied mit Beschluss vom 4.12.2020 zu der Frage, ob zwischen Schulter und Ohr ein Mobiltelefon „gehalten“ wird.
Das Gericht erkennt die Problematik, dass „Halten“ als ein „in der Hand halten“ verstanden werden kann. Dennoch entschied es sich, das Einklemmen als Halten im Sinne der Bußgeldvorschrift zu werten. Es argumentierte im Wesentlichen mit dem Sinn und Zweck der Regelung, erhebliche Gefahren zu verhindern.
Das Einklemmen erschwere nicht nur den Schulterblick und den Blick in Spiegel. Es handele sich um ein höchst unsicheres und daher unverantwortliches Halten des Mobiltelefons zwischen Ohr und Schulter, so der Gerichtsbeschluss. Dies beanspruche die Aufmerksamkeit des Fahrers über Gebühr. Das Gericht beschreibt das Risiko, dass sich das Handy aus der „Halterung“ löse. Dies verleite den Fahrer zu unwillkürlichen Reaktionen, um zu vermeiden, dass es in den Fußraum des Fahrzeuges falle. Es wird der Vergleich mit der erlaubten Freisprecheinrichtung gezogen, bei der sich der Fahrer um die stabile Halterung gerade keine Gedanken zu machen habe.
Kritisch darf hinterfragt werden, ob hier der Begriff des Haltens über den eigentlichen Wortlautsinn hinaus ausgedehnt wird.
Andere Gerichte können dies anders sehen. Es bleiben Verteidigungsansätze.
Dabei geht es zunächst um die Ermittlung des Sachverhalts im Wege der anwaltlichen Akteneinsicht. Zeugen können sich geirrt haben. Die Sicht ist nicht immer optimal gegeben.
Rechtsanwalt Jan Buchholz, Oktober 2023
Fahrerlaubnis behalten trotz Cannabis
Bei Cannabis handelt es sich um eine Hanfpflanze. Produkte hieraus sind insbesondere das sogenannte Gras, Marihuana und Haschisch. Ob nun als Joint geraucht oder in anderer Form konsumiert, Cannabis gilt als Rauschmittel. Die Anzahl der Vorwürfe eines Fahrens unter Cannabis hat zugenommen. Die Kontrollen beziehen sich auch verstärkt hierauf. Insbesondere geht es um die Fahrerlaubnis.
Wenn jemand mit einem Vorwurf belastet wird, ist vieles zu beachten. Wichtig ist es auch, die aktuelle Rechtsprechung zu kennen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit mehreren Urteilen vom 11. April 2019 zu Gunsten der Betroffenen wichtige Entscheidungen getroffen. Es handelte sich insgesamt um sechs Urteile, die am selben Tag zum selben Thema erlassen wurden.
Danach darf bei einem Fahren unter Cannabis nicht mehr einfach die Fahrerlaubnis entzogen werden. Vielmehr muss die Fahrerlaubnisbehörde zunächst die Möglichkeit einräumen, durch eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU), Zweifel an der Fahreignung auszuräumen. Dies betrifft diejenigen, die erstmalig unter Cannabiskonsum beim Fahren angetroffen wurden. Diese Rechtsprechung zu Gunsten der Betroffenen gilt also auch für alle, die schon zuvor gelegentlich Cannabis konsumierten, aber erstmalig beim Fahren kontrolliert wurden.
So wird in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Berlin eine Frist von drei Monaten für die Vorlage der Begutachtung also des medizinisch-psychologischen Gutachtens gesetzt.
Dabei war teilweise kritisiert worden, dass ein für den Betroffenen günstiges Gutachten Abstinenzzeiten voraussetzen kann, die über drei Monate hinausgehen.
Auch hier kommt es jedoch auf die genauen Kenntnisse zu dem Thema an.
Richtigerweise darf die von der Fahrerlaubnisbehörde im Rahmen der MPU-Anordnung gestellte Frage keine Abstinenz und keine Abstinenzzeiträume verlangen. Es darf nur um die Frage gehen, ob zukünftig ein Konsum von Cannabis und das Fahren getrennt werden können. Es geht somit um die Prognoseentscheidung.
Eine anwaltliche Vertretung von Beginn an ist sinnvoll. Es sollten auch keine Angaben von dem Betroffenen selbst gemacht werden. Dies gilt insbesondere für ein Konsumverhalten. Angaben, die auf einen regelmäßigen Konsum schließen lassen, würden sich nachteilhaft auswirken.
Im Rahmen der anwaltlichen Beratung und Vertretung können auch MPU-Vorbereitungsstellen benannt werden. Vieles ist zu beachten, wenn es darum geht, die Fahrerlaubnis behalten zu können.
Rechtsanwalt Jan Buchholz, Mai 2020
Rettungsgasse – Fahrverbot?
Natürlich ist jedem verantwortungsbewussten Fahrer bekannt, dass er auf Autobahnen und Außerortsstraßen im Bedarfsfalle selbstverständlich eine Rettungsgasse zu bilden hat, damit Einsatzfahrzeuge zu verunfallten Fahrzeugen gelangen können, um rechtzeitig Hilfe leisten zu können. Aber hier lauert eine bislang nur sehr wenig bekannte Gefahr für das Punktekonto in Flensburg:
„Ist doch klar, dass ich sofort eine Rettungsgasse bilde, wenn ein Einsatzfahrzeug mit Blaulicht und Martinshorn kommt“, denkt so mancher. Aber das allein reicht eben nicht aus!
Man muss eine Rettungsgasse immer dann und sofort dann bilden, wenn es zu stockendem Verkehr oder einem Stau kommt, unabhängig davon, ob sich überhaupt ein Rettungsfahrzeug nähert. Die Pflicht gilt nach der Straßenverkehrsordnung auf Autobahnen sowie auf Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für eine Richtung auch ohne Auftauchen eines Einsatzfahrzeuges! Tut man das nicht, sind automatisch 200,00 € und 2 Punkte in Flensburg fällig! Das sind auf einen Schlag 25 % der maximal möglichen Punktzahl, bevor die Fahrerlaubnis entzogen wird! Kommt es dann zusätzlich noch zu einer Behinderung (Rettungsfahrzeug), Gefährdung oder Sachbeschädigung, droht in jedem Fall ein Fahrverbot von einem Monat und ein Bußgeld bis zu 320,00 €! Wie bildet man nun eine Rettungsgasse ? Ganz einfach: Bei einspurigen Straßen fährt man ganz nach rechts, der Gegenverkehr ebenso. Bei mehrspurigen Straßen bildet man die Gasse zwischen der äußerst linken und der rechts daneben befindlichen Fahrspur: Wer auf der ganz linken Spur fährt, weicht also nach links aus. Auf der Autobahn orientiert er sich also an der linken Leitplanke. Sein Nebenmann fährt nach rechts.
Bitte beachten Sie dies unbedingt bei Ihrer nächsten Fahrt. Sollte Ihnen dennoch ein Bußgeldbescheid ins Haus flattern, kann ein Rechtsanwalt durch Einsicht in das Video der Polizei prüfen, ob ein Einspruch lohnt. Der Unterzeichner hatte hier vor Gericht bereits Erfolg. Und denken Sie daran: Auf der Stadtautobahn in Berlin wird die Bildung der Rettungsgasse in letzter Zeit verstärkt per Videoüberwachung überprüft !
Rechtsanwalt Björn von der Ohe für Kanzlei Buchholz, Juli 2019
Atemalkohol: "Pusten"
Zu Verkehrskontrollen gehört bei einem Anfangsverdacht auf Alkohol auch das sogenannte „Pusten“. Gemessen wird der Alkoholgehalt in der Atemluft.
Dabei werden für Ordnungswidrigkeiten 0,25 Milligramm je Liter Atemluft gleichgesetzt mit 0,5 Promille im Blut. Der Atemwert ist daher zu verdoppeln, um ihn mit dem Promillewert vergleichen zu können.
Bei der Messung ist vieles zu beachten. So ist nur ein einziges Messgerätmodell in Deutschland zugelassen. Seit dem Trinkende müssen 20 Minuten vergangen sein. Sagt der Betroffene nichts, müssen ab dem Anhalten daher 20 Minuten vorüber sein. Selbst wenn der Fahrer mitteilt, dass seit dem Trinkende schon mehr Zeit vergangen sei, muss wenigstens 10 Minuten abgewartet werden, weil auch eine Aufnahme von Nahrung und anderen Flüssigkeiten so lange zurückliegen muss. Zudem bedarf es einer zweiten Messung. Der Abstand zur ersten darf höchstens 5 Minuten betragen.
Werden die Voraussetzungen nicht eingehalten, darf die Messung nicht verwertet werden. Dabei gibt es noch weitere Punkte zu berücksichtigen.
Bei Strafvorwürfen ist zu beachten, dass von einem Atemwert, anders als bei Blut, nie auf eine absolute Fahruntüchtigkeit geschlossen werden darf.
Kommt es zu einem Bußgeld- oder Strafverfahren bestehen es somit viele Ansätze für eine Überprüfung und Verteidigung.
Rechtsanwalt Jan Buchholz, Sept. 2013
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